Die Botschaft eines alten Feuerschützen

Persönliche Schützenchronik von Ehrenschützenmeister Anton Wolf von 1966

Liebe Schützenbrüder der Königlich Priviligierten Schützengesellschaft Rettenberg,

über die Gründung der Schützen-Gesellschaft Rettenberg, möchte ich folgendes niederschreiben. Durch Überlieferung von damals alten Bürgern von Rettenberg, hauptsächlich von dem Wirtssohn Peter Uth Hs.Nr. 16, habe ich mich in jungen Jahren über die Gründung der Schützengesellschaft Rettenberg aufklären lassen.

Im Revolutionsjahr 1848 hatten sich in Rettenberg junge Männer zusammengeschlossen und eine Feldschützengesellschaft gegründet. Als Zeugen waren in unserer alten Schießhalle 3 Ehrenscheiben aufgehängt. Eine Scheibe trug die Jahreszahl 1850 und war die Hochzeitsscheibe von Johann Kapstran Arnold, Haus-Nr. 18, von Rettenberg

Bei den anderen Scheiben konnte leider kein Name und keine Jahreszahl festgestellt werden. Dieser Arnold war der Großvater mütterlicherseits von unserem Ehrenmitglied Philipp Göhl. Bei dieser Scheibe zählte ich 18 Einschüsse. Eine kleine Zahl wird wohl daneben gegangen sein, wie es auch heute noch der Fall ist. Es ist leider zu bedauern, dass es in der damaligen Zeit keine Chronisten gab, weder bei der Musikkapelle, noch bei anderen Abmachungen.

Um auf die Schießtechnik zu kommen, hat man damals mit sogenannten Vorderladern geschossen. In den Gewehrlauf wurde eine Kugel, Pulver und Papier eingestoßen und ein Zündhütchen aufgesetzt. Die Kanonade konnte nun beginnen. Ein Feuerstrahl und Pulverdampf, das war dann die Freude des Schützen.

Der damalige Brauereibesitzer Alois Halbreiter stellte das Grundstück zur Aufstellung einer Ladehütte, eines Scheibenstandes und einer Schießhalle zur Verfügung. Der Scheibenstand hatte 3 Scheiben. Die Entfernung war 90 Meter. Die Verständigung zwischen Schützen und Aufzeigern war ein Pfeifensignal. Es war streng untersagt, das Gewehr außerhalb der Ladehütte zu laden.

Im Jahre 1906 ist die Schießstätte erneuert worden. Die Entfernung wurde der Neuzeit angepasst und auf 130 Meter festgelegt. Der Scheibenstand erhielt 5 Zugscheiben. Die elektrische Klingelleitung mit Telefon ist eingebaut worden. Letztere Arbeit machte der damalige Turmuhrenmacher Franz-Joseph Bernhard. Dieser war geboren in Bommen Haus-Nr. 4. Er starb als Junggeselle. Da im gleichen Jahr in München das deutsche Bundesschießen abgehalten wurde, ist noch ein Feldstand auf 300 Meter aufgebaut worden, aber nach 3 Jahren wieder abgebrochen worden.

Im Jahre 1898 feierte man das 50-jährige Jubiläum mit 2 noch lebenden Gründungsmitgliedern. Es waren dies Martin Geiß aus Wagneritz Nr. 14 und Josef Anton Kleinheinz aus Rettenberg Haus Nr. 15. Diese 2 Schützen sind im Bilde auf einer Ehrenscheibe festgehalten. Der Maler was Fabian Müller aus Vorderburg. Der Stamm Geiß ist ausgestorben. Kleinheinz hat noch seine männlichen Nachkommen. Es sei erwähnt, dass dieser Kleinheinz beim Oktoberfestfeuerschießen als 77-jähriger den Alterspreis bekam.

Um auf die Waffen zurückzukommen, sind Ende der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Hinterlader auf den Markt gekommen. Die Patronen wurden selber mit Schwarzpulver geladen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde dann das rauchlose Pulver eingeführt. Dasselbe hatte aber nicht mehr den starken Knall wie das Schwarzpulver. Ende der dreißiger Jahre sind dann die Feuerstutzen von den Kleinkalibergewehren abgelöst worden. Die alten Feuerschützen blicken mit Wehmut zurück auf die schöne Feuerstutzenzeit.

Nach dem Umsturz 1945 mussten auf Anordnung der Besatzungsmächte sämtliche Feuerwaffen, auch Zimmerstutzen, abgeliefert werden, sofern man für diese ein sicheres Versteck hatte. Die Gewehre sind dann vernichtet worden. Auch habe ich damals versucht die 3 Ehrenscheiben zu retten, habe aber alles zerbrochen und ruiniert vorgefunden.

Im Jahre 1866 ist von einer damaligen Sängerrunde ein Zimmerstutzenschützenverein ins Leben gerufen worden. Das heute noch vorhandene kleine Trinkhorn stammt noch von der damaligen Sängerrunde. Der erste Vorstand war Roman Scheltdorf, Haus Nr. 10 in Rettenberg. Derselbe ist dann nach Sonthofen verzogen und hat dort einen Metzgerbetrieb geführt. Ein naher Verwandter, Otmar Scheltdorf, führt dort den Geschlechtsnamen weiter.

Im Jahre 1938 ist dann auf Vorschlag vom damaligen Schützenmeister Anton Wolf die Vereinigung der beiden Schützengesellschaften vollzogen worden.

Das Gründungsjahr ist somit 1848 und heißt jetzt Königlich Priviligierte Schützengesellschaft Rettenberg.

Die Kgl. Priv. Schützen-Gesellschaft Rettenberg möchte ich ersuchen diesen Bericht zu den Akten zu legen. Nicht wegen meiner Person, sondern der späteren Generation etwas überliefert zu haben.

Euer Ehrenschützenmeister Anton Wolf

Dieses Schriftstück führte uns damals erst auf die Spur der Rettenberger Feuerschützen. Daraus entstand die Chronik von Fritz Schäffler und auch das 150-jährige Gedenken im Jahre 1998 mit Gedächtnisschießen und Festabend. Insofern war die Erinnerung von Anton Wolf sehr wichtig, dass die Tradition der Rettenberger Feuerschützen weiterlebt.

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