Fernsteuern ist weiblich

Die Attraktion sah wie ein Mondfahrzeug aus: kompakter Aufbau, vier eiserne Stachelwalzen als Räder und Panzerlenkung. Kein Lenkrad oder Steuerknüppel. Dafür gab es eine tragbare Fernsteuerung.

Das Interesse der Sommerfestbesucher war groß. Vor allem bei den Männern, die sich lässig und grüppchenweise um dieses „Mondfahrzeug“ scharten. Als dann die ersten sich am Parcour versuchten, war ihnen das Gelächter ihrer bierflaschenhaltenden Kollegen bei jedem Fahrfehler sicher.

Nach einer Weile wagten sich die ersten Bäuerinnen heran. Die Bierflaschenfraktion hatte heimlich sicher schon spöttische Sprüche auf Lager. Aber sie konnten sie nicht loswerden. Denn eine Bäuerin nach der anderen lenkte das klobige Raupenfahrzeug geschmeidig um die Hindernisse ohne „anzuecken“.

Die Siegerehrung offenbarte die drückende Überlegenheit der Frauen. Kein Mann war unter den Besten.

Wie konnte das nur passieren?

Ganz einfach: Die Bäuerinnen hatten jahrelange Übung mit den Fernsteuerungen. Daheim auf ihren Höfen fuhren sie gewöhnlich die Krananlagen um Heu oder Silage einzulagern, das ihre Männer in die Scheune karrten.

Mir ist das stille Grinsen der Gewinnerinnen noch sehr gut in Erinnerung geblieben. Sie genossen die löblichen Aufwartungen ihrer unterlegenen Ehemännern sehr. In ihrer Großzügigkeit erlaubten sie dem starken Geschlecht auch noch weitere „Hopfentee-Rationen“.  Als die Uhr dann unweigerlich in Richtung „Stallzeit“ lief, brauchten die Frauen keine starken Worte um die angeheiterten Männer zu bewegen. Es reichten winzige Augenaufschläge und geschmeidige Gestik. Ohne Diskussionen räumten die Männer auf, klaubten die Kinder zusammen und verstauten alles brav in den Autos.  

Damals begriff ich es: Fernsteuern ist weiblich!

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